Die Präsidentin des Deutschen Gehörlosen-Bundes e.V. , Frau Gerlinde Gerkens begrüßte 2001 rund 2.500 Besucher_innen in München. Gleich dem Motto „Eine Kultur findet Anerkennung“ konnte von Erfolgen der davor stattfindenden Kulturtage berichtet werden – Die Verankerung der Gebärdensprache im Sozialgesetzbuch IX. Auf diesen Erfolgen bauten die 3. Deutschen Kulturtage der Gehörlosen auf. Ein Großteil des Programmangebotes beschäftigte sich mit Themen zur Gebärdensprache, sei es die Kommunikation mit dem hörenden Kind oder die Sprache der Bildung in Gehörlosenschulen.
Hervorzubringen ist die vermehrte internationale Besucher_innen-Anzahl, welches ein Zeichen gelungener Aufklärungsarbeit über die deutschen Grenzen hinaus darstellt.
„Liebe Freunde, herzlich willkommen in München!“ – so begrüßte der Bürgermeister Monatzeder der Stadt München die Gäste der Eröffnungsveranstaltung in Gebärdensprache und erhielt dafür viel Applaus.
Durch das Programm führten Thomas Zander und die Musikband 18 Hands aus Dänemark sorgten für Stimmung. „Musik?“ mag sich manch Zuschauer beim Anblick der Band gefragt haben, aber schnell wurde deutlich, dass die Liedtexte in Gebärdensprache dargeboten wurden und die Vorführungen sehr eindrucksvoll waren!
Nach der Begrüßung durch die Präsidentin des Deutschen Gehörlosen-Bundes, Frau Gerlinde Gerkens, sprach die bayerische Staatsministerin für Arbeit, Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens, und lobte die Kulturtage als „vorzügliches Mittel, um Kommunikationsbarrieren zwischen Hörenden und Gehörlosen abzubauen“. Sie sprach von den Erfolgen der Gehörlosen in den letzten Jahren. So sei durch die Änderungen im Sozialgesetzbuch IX erstmals in einem Bundesgesetz die Gebärdensprache verankert und das sei ein positives Zeichen. Frau Stewens vertrat den Schirmherrn der Veranstaltung, den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der leider nicht persönlich kommen konnte.
Auch Carol-Lee Aquiline, Generalsekretärin des WFD, gratulierte zu diesem politischen Erfolg des Jahres 2001, forderte aber gleichzeitig, dass Gebärdensprache nun auch im Alltagsleben Einzug nehmen müsse. Gebärdensprache in den Bereichen Kunst und Bildung im öffentlichen Leben sei unerlässlich. Erst wenn all diese Bereiche Berücksichtigung finden, könne von Gleichberechtigung zwischen Gehörlosen und Hörenden gesprochen werden.
Auch Dr. Donalda Ammons, Generalsekretärin des CISS, richtete Grußworte an die Zuschauer im Saal. Abschließend sprach Josef Willmerdinger, 1. Vorsitzender des Gehörlosenverbandes München und Umland, und dankte dem Deutschen Gehörlosen-Bund für die Wahl des Veranstaltungsortes München und die gute Zusammenarbeit.
Schön anzusehen war die Darbietung des Gewinners der 4. Goldenen Hand, Jürgen Endress, zu dem Thema „Ist unsere Welt noch schön?“.
Einen ersten Vorgeschmack auf die Kulturtage konnte man bei einem Ausschnitt aus dem Videofilm „The last deaf“ von Reiner Mertz und Jürgen Endress bekommen.
Sicher hätten gerne noch mehr Zuschauer an der Eröffnungsveranstaltung teilgenommen und die 2.400 Sitzplätze waren nicht alle besetzt. Es war aber gar nicht so einfach, den Saal zu betreten. Zunächst musste nämlich jeder Gast seine Teilnahmebestätigung in eine Eintrittskarte eintauschen und dafür hatten sich lange Schlangen im Foyer des Kulturzentrums Gasteig gebildet. Die noch druckfrischen Karten mussten anschließend gut aufbewahrt werden, denn an allen Türen und Treppen des wunderschönen Kulturzentrums Gasteig standen Türsteher, die die Karten kontrollierten.
Die Geduld hat sich aber gelohnt und die Warterei konnte bequem mit einem Gespräch mit dem Nachbarn überbrückt werden und sofort kam die Grundstimmung auf, die so typisch für die Kulturtage ist – alle reden mit den Händen und tragen gute Laune von einem zum andern.
Nach der Eröffnungsveranstaltung waren die Flure gefüllt und nicht jeder hat, wie geplant, einen Vortrag besucht, sondern ist einfach stehen geblieben und hat Freunde und Bekannte begrüßt.
Wer das Veranstaltungsangebot nutzen wollte, musste sich immer zwischen mehreren Foren, Workshops, Theater- oder Videovorführungen entscheiden und das fiel nicht immer leicht. Zu Beginn der Kulturtage war die Technik leider noch nicht überall vorbereitet, so dass es einerseits zu erheblichen Zeitverzögerungen kam, andererseits die Referenten ihr Material nicht wie geplant präsentieren konnten. Diese Pannen wurden aber von Referenten und Publikum fast immer geduldig ertragen.
Mark Zaurov gab einen Einblick in das Leben gehörloser Juden früher und heute. Er sprach von einer doppelten kulturellen Minderheit und zeigte anhand von einzelnen Biographien den Einfluss der Juden auf die Entwicklung der Gehörlosengemeinschaft auf. Es war interessant zu sehen, in wie vielen Bereichen Gehörlose vor dem Zweiten Weltkrieg tätig waren und es ist immer wieder erschütternd zu erfahren, was der Holocaust alles zerstört hat! Der Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt und das Interesse, sich mit der Geschichte der gehörlosen Juden auseinander zusetzen, war groß. Das Referat baute auf Zaurovs Magisterarbeit auf und die Forschung in diesem Bereich sollte auch weiterhin einem breiten Publikum vorgestellt werden.
Das Deutsche Gehörlosen-Theater gab am Abend eine Vorstellung des bekannten Stücks „Harold und Maude“ von Colin Higgins und entsprechend groß war der Andrang. Da für die Aufführung eine bestimmte technische Ausstattung der Bühne erforderlich ist, konnte die Aufführung nicht in einen größeren Veranstaltungsraum verlegt werden. Deshalb mussten leider viele Interessierte mit mir vor der Tür stehen bleiben und konnten nur ahnen, wie schön das Stück ist. Es bleibt zu hoffen, dass es noch weitere Vorstellungen auch in München gibt, damit alle Interessenten das Stück sehen können.
Die Aufführungstermine und –orte für die aktuelle Tournee des DGT können u.a. unter www.gehoerlosen-theater.de abgerufen werden.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Zuschauer ohne Theatersitzplatz noch geduldig, als sich aber herausstellte, dass der Theatersaal für alle Vorstellungen zu wenige Zuschauerplätze bot, kam es zur ersten Demonstration bei den Kulturtagen. Die Stimmung war gespannt und die Forderungen nach einem großen Theatersaal waren nicht zu übersehen, denn eine große Menschentraube hatte sich vor dem Stand des Deutschen Gehörlosen-Bundes versammelt. Nachdem bei der Eröffnungsveranstaltung ein Ausschnitt des Films „The last deaf“ gezeigt wurde, hätte man sich fast denken können, dass der Andrang bei Videovorführungen groß sein würde. Bei früheren Kulturtagen waren die Theaterräume aber noch kleiner und es ist nie zu derartigen Problemen gekommen. Obwohl bei diesen Kulturtagen viele Gäste darauf verzichten mussten, Theaterstücke oder Filme zu sehen, ist es doch eine positive Entwicklung, dass inzwischen so großes Interesse an dem Kulturangebot besteht und bei den nächsten Kulturtagen werden sicher größere Theaterräume gemietet!
Der 7. September 2001 begann wieder damit, eine Entscheidung zu fällen, welche Veranstaltung man besuchen wollte. Bis zu fünf Parallelveranstaltungen machten diese Wahl nicht immer leicht!
„Brauchen wir (noch) gehörlose Pädagoginnen und Pädagogen?“ fragten Christian Borgwardt und Olaf Tischmann und hatten keine ernsthaften Zweifel, welche Antwort hier gegeben werden muss. Auf dem Podium saßen Simone Schulz, Staatliche Erzieherausbildung für Gehörlose in Rendsburg, Sabine Fries, Lehrerin an der Schule für Hörgeschädigte in Potsdam, Anne Bauermann, Referendarin an der Gehörlosenschule in Hamburg, Danilea Gnerlich, Studentin der Gehörlosenpädagogik in Hamburg, Iris Ricke, Gehörlosenpädagogin im Kinderpark Nürnberg, Cornelia von Pappenheim, Mentorenprojekt München. An der Zusammensetzung der Diskussionsteilnehmerinnen wurde deutlich, dass es nicht um ein Streitgespräch gehen sollte, sondern eher eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation erhoben werden sollte. Alle Gesprächsteilnehmerinnen konnten gemeinsam mit dem Publikum eine Bestandsaufnahme machen, so dass alle im pädagogischen Bereich tätigen Gehörlosen in Deutschland erfasst werden konnten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um in Zukunft guten Informationsaustausch sicher stellen zu können.
In der anschließenden Diskussion wurden unter anderem die Bereiche Elternarbeit, Cochlea Implantat und mehrfachbehinderte Gehörlose angesprochen und in einem nächsten Schritt sollte eine Diskussion auch mit hörenden Fachleuten aus diesen Bereichen geführt werden, denn es war fast ein bisschen schade, dass fast keine hörenden Pädagogen anwesend waren und die Ergebnisse nur in der Gehörlosengemeinschaft bekannt wurden. Ein Artikel über die Inhalte der Diskussion sollte unbedingt veröffentlicht werden!
„Entwicklungshilfe – auch von deutschen Gehörlosen?“ – ein Referat von Carol-Lee Aquiline und Gerhard Ehrenreich unter der Moderation von Katrin Pflugfelder machte deutlich, dass es in den Entwicklungsländern viele Bereiche gibt, in denen auch deutsche Gehörlose helfen können. Einführend gab Aquiline allgemeine Informationen über die Arbeit des WFD und zeigte Möglichkeiten auf, wie der Deutsche Gehörlosen-Bund Entwicklungshilfe leisten könne. In diesem Zusammenhang versicherte Gerlinde Gerkens, dass der DGB bereits Informationen in Bonn eingeholt hat, um Möglichkeiten finanzieller Mittel für ein Entwicklungshilfe-Projekt von Gehörlosen für Gehörlose in Erfahrung zu bringen. Aquiline lobt den DGB für dieses Engagement und befürwortet ein solches Projekt. Sie sagt Unterstützung seitens des WFD zu. Es ist wünschenswert, dass auch deutsche Gehörlose als Entwicklungshelfer tätig werden können. Bei Interesse ist es sinnvoll, sich an den Deutschen Gehörlosen-Bund zu wenden.
Gerhard Ehrenreich berichtet über seine jahrelange Tätigkeit als Helfer in Ruanda, Eritrea und Äthiopien. Durch sein privates Engagement wird dort Gehörlosenschulen geholfen. Er möchte im Landesverband Bayern einen Verein gründen, um in Zukunft diese Entwicklungshilfe professionell zu organisieren.
Die Veranstaltung „Gehörlose und Hörende in einer Familie – zwei Welten?“ von Evelyn Ueding, Michael Pfeffer und Andrea Petzoldt war als Workshop gedacht. Aufgrund des großen Andrangs war die Arbeit in Kleingruppen aber problematisch und viele interessante Punkte blieben dem Publikum verborgen. Workshops sind wahrscheinlich im Rahmen der Kulturtage nicht geeignet, weil das Interesse der Teilnehmer im Vorhinein schwer abzuschätzen ist und die Planung für einen Workshop für 20-30 Teilnehmer dann kaum noch umzusetzen ist.
Dennoch war das Interesse seitens der hörenden Eltern mit gehörlosen Kindern und der gehörlosen Eltern mit hörenden Kindern groß und viele warteten geduldig ab, bis die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse vorstellten. Wertvolle Erziehungstipps konnten sich beide Gruppen gegenseitig geben und vielleicht wird das Verständnis für die jeweils andere Welt größer. Auch hier wäre es sicher schön, wenn die Referentinnen ihre Ergebnisse in einem Artikel veröffentlichen würden.
Großes Interesse fand der Vortrag von Dr. Donalda Ammons zum Thema „Partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Gehörlosen und Hörenden in der Deaf Community“ unter der Moderation von Josef Willmerdinger. Lebendig und eindruckvoll machte die Referentin deutlich, dass Respekt die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit zwischen Hörenden und Gehörlosen sei. Gerade Respekt würden sich beide Seiten aber häufig nicht zollen. Immer wieder würden sich beide Parteien gegenseitig beschuldigen, sich falsch zu verhalten und sich so gegenseitig abstempeln. Wichtig sei es, eine Schnittmenge zwischen beiden Welten zu finden, sich gegenseitig anzunähern und Verständnis für die jeweils andere Seite zu haben.
Am Abend stand eine Quizshow auf dem Programm und endlich konnten auch Gehörlose an dem Fragespiel teilnehmen, was durch Günter Jauch aus dem Fernsehen seit vielen Monaten bekannt ist.
Die Moderation hat Jürgen Stachlewitz übernommen, ihm stand Martina Odorfer als Assistentin hilfreich zur Seite. Viele Fragen aus den Bereichen Kunst, Pädagogik, Geschichte und Gebärdensprache ließen auch das Publikum mitknobeln und oft ging es den Zuschauern dabei besser als den Kandidaten. Diese mussten nämlich auf der Bühne im Rampenlicht gegen die eigene Nervosität ankämpfen und ertragen, vor den Zuschauern nicht alle Fragen beantworten zu können. Die Übertragung der Fragen auf die Videoleinwände machte es möglich, dass alle mitmachen konnten und die Show mit viel Spaß verfolgten. Die Mimik von Jürgen Stachlewitz war sicher nicht so cool wie die von Günter Jauch, aber ganz so hart wollte er wohl mit seinen Kandidaten nicht umgehen. Insgesamt durften acht Gäste um die überraschend großen Preise kämpfen und zuletzt konnte sich die 3. Siegerin über eine Reise zum 5. Gebärdensprachfestival nach Berlin inkl. Reise- und Übernachtungskosten freuen, die 2. Siegerin über Eintrittskarten zum 75jährigen Jubiläum des DGB vom 13. bis 15. September im kommenden Jahr in Weimar, ebenfalls inkl. Fahrt- und Übernachtungskosten. Der Sieger der Quizshow, Jürgen Schlechter, darf im kommenden Jahr nach Washington fliegen und dort am Deaf Way II teilnehmen und eine Woche Amerika mit einer Begleitperson seiner Wahl genießen.
Als Höhepunkt des Abends stand die Verleihung des Kulturpreises auf dem Programm und voller Spannung wurde nach der Pause die Bekanntgabe der Namen erwartet. Zunächst kam Rudolf Sailer auf die Bühne und kündigte eine Person an, die sich seit vielen Jahren im Bemühen um die Anerkennung der Gebärdensprache einen Namen gemacht hat. Gertrud Mally hat schon 1977 begonnen, Gebärdensprachkurse an der Volkshochschule zu geben, in München einen Stammtisch für Hörende und Gehörlose gegründet, die Zeitung Selbstbewusst ins Leben gerufen, am blauen Buch mitgearbeitet und das Kommunikationsforum München gegründet, eine Veranstaltung, die seit Jahren deutschlandweit stattfindet. All diese Bemühungen, die sicher nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben und Wirken dieser Frau darstellen, haben die Wahl des DGB zur Verleihung des Kulturpreises 2001 leicht gemacht. Tief bewegt nahm Frau Mally den Preis entgegen und bedankte sich für diese Ehrung.
Für die nächste Laudatio kam Petra Piel auf die Bühne und voller Spannung wartete das Publikum, wer nun den zweiten Kulturpreis erhalten würde. Beim Anblick des Videofilms über die Nikolausgeschichte „Schnee“ tobte der Saal und alle erhoben sich, um Gunter Puttrich-Reignard zu ehren. Dieser kam tief bewegt auf die Bühne und bedankte sich beim Publikum und dem Deutschen Gehörlosen-Bund für die Ehrung. Petra Piel konnte seine Verdienste nicht alle aufzählen, aber besonders hervorgehoben wurde sein Engagement für homosexuelle Gehörlose und sein Kampf um Aufklärung gegen Aids.
Abschließend wurde nach einem langen Abend der Veranstaltungsort der nächsten Kulturtage bekannt gegeben: Die 4. Deutschen Kulturtage der Gehörlosen finden 2005 in Köln statt!
Um 24 Uhr ging ein schöner Abend zu Ende, der mit einer witzigen Quizshow überraschte. Wirkungsvoller wäre die Show allerdings geblieben, wenn nicht so viele Kandidaten teilgenommen hätten. Der Abend wurde so sehr lang. Die Schlacht um das Buffet wurde dieses Mal gesteuert, weil alle Gäste gegen einen Bon einen Imbiss auf einem Teller erhielten. Schließlich hätte die Moderation mehr Showeinlagen beinhalten können und Caroline Link war schon bei den letzten Kulturtagen Stargast und somit war ihr Auftritt nicht wirklich neu. Der Auftritt von Ingeborg Okorn wäre wirkungsvoller gewesen, wenn von ihrem Theaterauftritt vor Jahren ein Videoausschnitt zur Verfügung gestanden hätte.
Am Samstag, den 08. September 2001 stand unter anderem eine Podiumsdiskussion zum Thema Gehörlose Eltern – hörende Kinder: Lust oder Last? auf dem Programm. Katrin Pflugfelder moderierte das Gespräch zwischen Nicole Danielzik (gehörlose Mutter), Renate Dorn (gehörlose Mutter), Hiltrud Funk, Sabine Gossner (hörendes Kind gehörloser Eltern), Holger Ruppert(hörendes Kind gehörloser Eltern) und Albert Schmidt (gehörloser Vater).
Das Podium stellte sich zunächst vor und die gehörlosen Eltern hörender Kinder berichteten über ihre Erfahrungen. Es wurde deutlich, dass junge Eltern heute eher gebärdensprachlich mit ihren Kindern kommunizieren und aufgrund neuer Erkenntnisse davon ausgehen, dass die Kinder die Lautsprache sowieso lernen. Wichtig sei diesen Eltern aber, dass sie Gespräche ihrer Kinder immer verstehen könnten, um sich niemals ausgeschlossen zu fühlen. Früher haben die Eltern oft geglaubt, dass sie mit ihren hörenden Kindern sprechen müssten.
Die hörenden Teilnehmer mit gehörlosen Eltern bekräftigten, dass sie die Kommunikationsform in Gebärdensprache als selbstverständlich empfinden würden, empfahlen aber den Eltern ihren Kindern Zeit zu lassen und das Gebärden nicht zu erzwingen. Außerdem baten sie darum, hörende Kinder nicht als Dolmetscher zu missbrauchen. Bei den nächsten Kulturtagen scheint in diesem Bereich noch viel Informationsbedarf und ein Forum zu diesem Thema wäre wünschenswert.
Mittags gelang es mir, einen Platz im Theater zu bekommen, so dass ich die Dance Sisters mit einer Tanzvorfühung, die Gruppe Deaf Fisch und die Tanztheatergruppe Tath sehen konnte. Es war erholsam nach den vielen Vorträgen einmal abzuschalten! Besonders eindrucksvoll war die Aufführung von Tath. Hoffentlich gibt es davon bald mehr zu sehen!
Ein heikles Thema wurde von Simon Kollien und Dr. Renate Fischer im Forum Wer nicht hören kann, muss fühlen! – Straferfahrungen in der Schulzeit bei Gehörlosen angesprochen und fand großen Anklang. Zunächst führte Simon Kollien in das Thema ein und erklärte den Begriff Strafe und setzte ihn in Beziehung zur Gehörlosenpädagogik.
Anschließend wurde ein Film gezeigt, der von Studentinnen und Studenten der Universität Hamburg in einem Seminar zum Thema erstellt wurde. Darin wurden erwachsene Gehörlose zu ihren Straferfahrungen in der Schulzeit befragt und die Ergebnisse waren erschütternd! An der Universität Hamburg werden diese Interviews zur Zeit ausgewertet und die unterschiedlichen Straferfahrungen werden auch in Beziehung zu Straferfahrungen bei Hörenden gesetzt. Die Ergebnisse machen betroffen und die Gehörlosenpädagogen müssen sich dieser Thematik dringend stellen!
Die Kunstausstellung war groß und unendlich viele Firmen und Verbände stellten ihre Arbeit vor. Richtig in Ruhe konnte man sich die Bilder fast nur am Morgen ansehen, wenn die Gänge noch nicht so voll waren. Wünschenswert wäre, wenn bei den nächsten Kulturtagen mehr neue Bilder und Kunstgegenstände zu sehen wären!
Außergewöhnlich gut wurden übrigens die ganz kleinen Besucher der Kulturtage betreut. Die Schülerinnen und Schüler der Fachschule für Sozialpädagogik aus Rendsburg hatten ein tolles Angebot für die Kinder vorbereitet.
Ein bisschen wehmütig war wohl jeder, als er das Kulturzentrum Gasteig verlassen musste! Viel zu schnell sind die Kulturtage wieder einmal zu Ende gegangen!
Zum Abschluss hatte der Gehörlosenverband München und Umland eine besonderen Abend organisiert. Oktoberfestatmosphäre konnten 3000 Gehörlose genießen und die Stimmung im Festzelt war umwerfend. Für Essen und Getränke wurde schnell gesorgt und bei so vielen Gehörlosen braucht man wohl nicht zu beschreiben, dass es ein herrlicher Abend war. Schade, dass die Bühne so hoch oben war. Dadurch wurde die Moderation von Jürgen Endress trotz Videoübertragung zur Nebensache. Vielleicht hatten sich aber die 3000 Gäste einfach nur zu viel zu erzählen von den drei erfüllten Kulturtagen…
Ulrike Walther