4 Jahre später (1997) fanden die 2. Kulturtage in Dresden statt. Rund 2.000 Besucher_innen erhielten ein abwechslungsreiches Programm und konnten an unterschiedlichen Workshops und Foren teilnehmen. Besucher_innen aus Politik, Wissenschaft und Bildung machten dem Motto „Eine Kultur setzt Zeichen“ allen Ehren. Es wurden Zeichen gesetzt zur Anerkennung der Gebärdensprache sowie schufen die 2. Kulturtage Raum zur Stärkung Gehörloser für ihre Aufgaben in Vereinen, Verbänden und im Deutschen Gehörlosen-Bund e.V..
Großer Andrang herrschte schon am Donnerstagmittag im Foyer des Kulturpalastes in Dresden. Alle, die in der Gehörlosen-Szene Rang und Namen haben, wollten sich die 2. Deutschen Kulturtage nicht entgehen lassen. Aber auch eine überwältigende Zahl von Gehörlosen und hörenden Freunden strömte nach Dresden. Bereits am ersten Tag hieß es, die „Gala“ am Samstagabend sei restlos ausverkauft. Doch bis dahin war es noch Zeit. Jetzt konzentrierte sich erst einmal alles auf die angebotenen Foren, Workshops und Diskussionsveranstaltungen.
Da war zuerst einmal die Eröffnungsveranstaltung.
Der Präsident des Deutschen Gehörlosen-Bundes (DGB), Dr. Ulrich Hase, konnte rund 2000 Besucher begrüßen. Die Schirmherrin der Kulturtage, Professor Dr. Rita Süßmuth, und andere hohe Politiker, darunter auch der stellvertretende Ministerpräsident und sächsische Staatsminister für Soziales, Dr. Hans Geisler, waren anwesend. Hase betonte, dass die Politiker durch ihr Kommen selbst Zeichen gesetzt haben für die Kultur der Gehörlosen. Die Kulturtage sind ein Zeichen für die Zusammenarbeit Gehörloser. Hier können die Vertreter der Gehörlosen Kraft tanken für ihre Aufgaben in den Vereinen, Verbänden, im DGB und für den weiteren Kampf für die Anerkennung der Gebärdensprache. Vor vier Jahren gingen die Gehörlosen bei den 1. Kulturtagen in Hamburg noch auf die Straße, um mit einer eindrucksvollen Demonstration auf sich aufmerksam zu machen. Damals wurden die Gehörlosen von der Presse und Politik ignoriert (= absichtlich nicht beachtet). Aber hier in Sachsen ist schon viel passiert für die Gehörlosen. Eine Demonstration in Dresden zu veranstalten, das wäre undankbar gewesen gegenüber den Verantwortlichen des Landes Sachsen und der Stadt Dresden, meinte Hase. Und er konnte auch viele Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Bildung begrüßen.
Ganz besonders wurde der frisch in den Hessischen Landtag gewählte Andreas Kammerbauer begrüßt. Er ist zugleich Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Hörgeschädigter Studenten und Absolventen (BHSA) sowie stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen (DG). Auch ausländische Gehörlose sah man unter den vielen interessanten Besuchern der Kulturtage, darunter die Generalsekretärin des Weltverbandes der Gehörlosen (WFD), Carol-Lee Aquiline.
Aufhören mit dem Streiten um Lautsprache und Gebärdensprache
In ihrer Eröffnungsansprache erwähnte Schirmherrin Süßmuth den Artikel 3 Grundgesetz. Behinderte dürfen nun nicht mehr benachteiligt werden, aber es bedarf noch einiger gesetzlicher Regelungen. Neun Jahre sind schon vergangen, seit das Europäische Parlament die Gebärdensprachen akzeptiert hat. Der Streit um Lautsprache – Gebärdensprache im schulischen Bereich und in der Öffentlichkeit gehört beiseite geschoben. Kraft und Mut zur Kritik sowie die gleichberechtigte Anerkennung der Gebärdensprache forderte die Bundestagspräsidentin. Als Hauptaufgabe sieht Süßmuth die berufliche Bildung und soziale Integration Gehörloser an. Denn auch sie sind leistungsstark in ihren Berufen.
Mehr Einmischung in Politik und öffentliche Diskussionen
Dr. Hans Geisler überbrachte als dessen Stellvertreter die Grüße des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf. In seiner Ansprache würdigte er die Leistung der Gehörlosen im täglichen Leben. Er ermutigte sie zur Teilhabe an der Politik und in öffentlichen Diskussionen.
WFD-Generalsekretärin Carol-Lee Aquiline sprach über den Zusammenhalt der Gehörlosen überall in der Welt und das Festhalten an ihrer Kultur. Sie ist schon viel herumgekommen in der Welt, wurde in Amerika geboren, wuchs in Australien auf und arbeitet nun in Europa. Sie weiß von den Schwierigkeiten, die Gehörlose in Deutschland mit der Anerkennung ihrer Gebärdensprache haben. Aquiline machte Mut, die Tür zur Anerkennung würde sich immer mehr öffnen, und Gehörlose sollten nur nicht nachgeben! Sie hofft auf einen positiven Entschluss der voraussichtlich im Dezember tagenden Ministerpräsidenten-Konferenz.
Thomas Zander, bekannt als Schauspieler und Regisseur des Deutschen Gehörlosen-Theaters, führte in seiner gewohnt witzigen Art durch die Eröffnungsveranstaltung. Er überließ dem gehörlosen Künstler Manfred Mertz für einen kurzen Moment die Bühne. Mertz überreichte dem DGB-Präsidenten ein Phantasiegemälde, das eine bessere Zukunft für Gehörlose darstellen soll.
Ehrungen für Geisler und Domke
Hans Geisler, der sich in Sachsen für die Belange der Gehörlosen eingesetzt hat und damit ebenfalls „Zeichen setzen“ konnte, wurde mit dem goldenen Verdienstabzeichen des DGB geehrt. Mit der gleichen Auszeichnung wurde der Vorsitzende des Landesverbandes der Gehörlosen, Martin Domke, überrascht. Nach dem Mauerfall hat er sich für die Belange der Gehörlosen stark gemacht – nicht nur in Sachsen, sondern auch in den Jahren 1991 bis 1995 als ehemaliger Vizepräsident des DGB.
Thomas Zander stellte dann als neue ‚Erfindung‘ den technischen Dolmetscher vor. Diese Neuheit sollte eigentlich bei dem ständigen Dolmetschermangel eingesetzt werden. Leider funktionierte sie nicht so, wie Gehörlose es wünschen. Drei gehörlose Hamburger Studenten zeigten in einem Sketch, wie Kultur gepflegt werden muss, um zu gedeihen und bestehen zu bleiben. Die Tanzgruppe des Gehörlosen-Automobilclubs „Rot-Weiß“ bot zum Abschluss der gelungenen Eröffnungsveranstaltung ein rassigesJazzTanz „Come together“ (= kommt zusammen).
In verschiedenen Foren und Workshops beschäftigten sich die Teilnehmer mit der Deutschen Gebärdensprache, mit neuen Technologien, mit Malerei und Videos. Ebenso kamen die Probleme Taubblinder, gehörloser Senioren und vieles mehr zur Sprache.
An einer Fachtagung zum Thema Deutsche Gebärdensprache beteiligten sich Fachreferenten aus den Kultusministerien in Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Hamburg.
Außerdem war auch der Studentenverband für Hörgeschädigte vertreten. Fachleute aus den Bereichen Linguistik, Psychologie und Pädagogik hielten Vorträge. Hase führte an, dass mit dieser Fachtagung Vorurteile abgebaut werden sollten. Oft würde der DGB zu wissenschaftlichen Vorträgen und Tagungen nicht eingeladen und kann demnach auch nicht den Standpunkt des DGB bzw. der Gehörlosen vertreten. Diese wichtige Fachtagung moderierte Peter Donath, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen (DG). Er erwähnte einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“. Darin wurde berichtet, dass ein Kind nach einer Cl-Operation „hören“ kann. Schon 1000 Kinder wurden in den letzten Jahren in Deutschland mit einem CI versorgt. Die Macht der Ärzte in Bezug auf CI-Operationen wird immer stärker, so Donath.
Klaus Günther, Professor für Gehörlosen-Pädagogik an der Universität Hamburg, erinnerte an eine Äußerung des BDT (Bund Deutscher Taubstummenlehrer). Der hatte 1979 behauptet, dass die Gebärden der „Tod der Lautsprache“ sind. Heute belegen Forschungen und praktische Erfahrungen aus einem Schulversuch in der Hamburger Gehörlosen-Schule Gegenteiliges. Gebärden stören keineswegs nachteilig den Aufbau der Lautsprache. Die Kinder sind voll motiviert (hier: lern- und wissbegierig). Kinder, die mit Gebärden erzogen und unterrichtet werden, zeigen eindeutig bessere Ergebnisse. Das konnte auch die gehörlose Lehrerin Angela Staab anhand von Video-Aufzeichnungen belegen.
Professor Manfred Hintermeier ging in seinem Vortrag auf die psychischen Belastungen hörender Eltern ein, wenn ihnen zum ersten Mal bewusst wird, dass ihr Kind gehörlos ist. Dann leiden die Hörenden, und viele entschließen sich zum Cl in der Hoffnung, dass dann alles wieder ’normal‘ wird.
Jens Heßmann wies in seinem leider zu kurz bemessenen Vortrag auf den Aufbau der Gebärdensprache hin, zeigte einen Video-Ausschnitt und gab eine praxisnahe Anschauung. Bei der anschließenden regen Diskussion wurde auch gewünscht, mehr Informationen an die Bildungsreferenten der Kultusministerien zu geben. Die haben sonst nie Gelegenheit, mit den Betroffenen selbst zu diskutieren.
„Setzt Politik Zeichen?“
Darum ging es bei der Diskussionsveranstaltung im Kulturpalast. Die bekannte NDR-Fernsehmoderatorin Lea Rosh führte sicher durch den Freitagmorgen. Besondere Punkte in dieser Diskussionsrunde waren unter anderem die Auswirkungen des Cl, Dolmetscher-Probleme und -bezahlung und die Öffnung des Weges zu qualifizierten Berufen mit Hilfe von Dolmetscher-Begleitung. Professor Prillwitz von der Universität Hamburg merkte an, dass in den Gehörlosenschulen immer noch das Hauptaugenmerk auf Lautsprachverbesserung gelegt wird. Wenn jetzt die Regierung Sparmaßnahmen ergreift, die auch Gehörlose betreffen, dann braucht es für eine Änderung vielleicht eine ganze Generation. Wolfgang Engelmann, Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU meinte, dass die Anerkennung der Gebärdensprache auf Landes- bzw. Bundesebene sehr kompliziert ist. Hauptproblem ist seiner Ansicht nach, dass es immer noch zu wenig Dolmetscher gibt. Starken Beifall bekam er für seine Äußerung, dass die Krankenkassen die Dolmetscherkosten übernehmen müssten.
Bei der Diskussion kamen auch Menschen aus dem Publikum zu Wort. Sie berichteten über ihre Probleme und Erfahrungen im Alltag: Eine Kölner Studentin der Gehörlosen-Pädagogik darf beim Praktikum in der Gehörlosenschule keine Gebärden verwenden. Eine ausgebildete Dolmetscherin in Thüringen erhält durch die Sparmaßnahmen der Regierung für ihre Einsätze oft kein Geld. Jetzt ist sie bald gezwungen, eine andere Arbeit anzunehmen. Und das, obwohl ein großer Mangel an Dolmetschern herrscht. Ein gehörloser Schüler von der Collegschule in Essen beklagt, dass gehörlose Schüler im Unterricht blockiert sind. Mehr als die Hälfte des lautsprachlich geführten Unterrichts können die gehörlosen Schüler nicht verstehen. Eine Abgeordnete der BAG „Hilfe für Behinderte“ erklärte, dass 700000 Mitglieder die Forderungen der Gehörlosen nach Anerkennung der Gebärdensprache unterstützen würden.
Ulrich Hase forderte, eine Umfrage an alle politischen Parteien zu richten. Damit soll herausgefunden werden, welche Partei wirklich bereit ist, die Forderungen der Gehörlosen umzusetzen.
„Gehörlose Frauen geben Impulse“
Von dieser sehr gut besuchten Veranstaltung erhoffte sich Gerlinde Gerkens, Vizepräsidentin und Frauenbeauftragte des DGB, Anregungen und Anstöße für die Zukunft. Noch immer haben Frauen in allen Lebenslagen unter Benachteiligung zu leiden. „Überall stoßen gehörlose Frauen auf Hemmschwellen, Ablehnung und Rückstufung. Muss das sein?, fragte Gerlinde Gerkens. Petra Piel, gehörlose Sozialpädagogin bei der Hauptfürsorgestelle in Münster. berichtete aus Erfahrung: „Gehörlose Frauen werden im Berufsleben degradiert, sie müssen oft Hilfsarbeiten verrichten, besonders wenn sie nach Unterbrechung wegen Mutterschaft wieder ins Berufsleben einsteigen wollen.“ Die WFD-Generalsekretärin Aquiline sagte, dass gehörlose Frauen zu wenig beraten werden und keine Ahnung haben, wo sie Hilfe finden können. „Wichtig sind hauptamtliche Mitarbeiter, die Informationen an alle Frauen im Land weitergeben können“, meinte die DGB-Frauenbeauftragte. Helga Schulz, Bundesvorsitzende des Deutschen Frauenrates, forderte: „Die Probleme der gehörlosen Frauen müssen mehr in der Öffentlichkeit bekannt werden. Dann ist es auch leichter, Abhilfe zu schaffen!“
Brauchen wir Kofo? Braucht Kofo uns?
Bengt Förster stellte bei diesem Forum die großen Verdienste von Gertrud Mally heraus. Sie gründete 1984 das erste Kommunikationsforum – kurz Kofo genannt – in München. Hauptprobleme bei den Gehörlosen sind das Bildungsdefizit und die Kommunikationsschwierigkeiten. Mittlerweile gibt es 36 Kofos in Deutschland. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht, wird Wissen vermittelt und die Identität der Gehörlosen gestärkt. Hörende nehmen gerne die Angebote der Kofos an, weil es überall zu wenig Informationen über die Gehörlosen und ihre Welt gibt. Wichtig ist die Gemeinsamkeit zwischen den Ortsvereinen und den Kofos, „Mitglieder-Klau“ soll nicht sein. Die Anzahl der Kofos steigt. Ulrich Hase bat um mehr Solidarität zum DGB. Junge Gehörlose haben „keinen Bock“ auf Vereine. Immer mehr Kofos laden Ulrich Hase zu Vorträgen ein, jedoch erhält er wenig Einladungen von den Ortsvereinen. Der DGB ist aber auf die Mitgliedschaften in den Ortsvereinen angewiesen. Deshalb sollten auch die jungen Gehörlosen einem Ortsverein beitreten.
Betreuung für den Nachwuchs
Nicht nur die junge Generation war nach Dresden geströmt. Auch viele Ältere waren zu sehen. Sie informierten sich ausgiebig und diskutierten über Fotografien, Gemälde und andere Kunstwerke. Im Foyer des Kulturpalastes gab ein buntes Angebot von neuen technischen Produkten, Literatur, Beratungen für und von Gehörlosen, Versicherungen sowie Bildungs- und Rehabilitationseinrichtungen. Auch an die Taubblinden wurde gedacht. Die Begleiter lernten alles Wissenswerte und gaben den besonders Betroffenen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Da wurde so mancher der ’normalen‘ Gehörlosen nachdenklich….
Nicht zu kurz kamen auch die Kleinen. Für sie gab es eine Kinderbetreuung. Endlich hatten die Mütter oder auch Väter einmal Zeit, einen sie interessierenden Workshop ungestört zu besuchen. Und zur „Langen Theaternacht“ oder zum „Video-Festival“ wurden die in ihren Kinderwagen friedlich schlummernden Kleinen eben mitgenommen.
Leben in zwei Welten
Um Erziehung und Bildung Gehörloser ging es bei dem Forum, das Angela Staab und Olaf Tischmann leiteten. Staab erzählte über das Zustandekommen des bilingualen (= zweisprachigen) Schulversuchs an der Hamburger Gehörlosenschule. Wichtig ist, dass eine Person immer nur in einer Sprache unterrichtet. Die Sprachanbahnung wird von einer hörenden Lehrkraft vorgenommen. Sachkundliche Fächer werden von einer gehörlosen Lehrkraft unterrichtet. Hörende Lehrer bestätigen oft, dass Sachverhalte allein mit lautsprachbegleitenden Gebärden nicht erklärt werden können. Hörende Lehrer stoßen immer auf Sprachbarrieren. Wichtig sind für gehörlose Kinder rhythmische Übungen. Dann gelingt auch der Gebärdensprach-Aufbau besser. Einmal pro Woche bietet die Hamburger Schule einen DGS-Kurs für Eltern an, damit die mit der Sprachentwicklung ihrer Kinder Schritt halten können.
Olaf Tischmann erzählte von seinen zweijährigen Erfahrungen, die er als gehörloser Lehrer an der Gehörlosenschule in Graz/Österreich gemacht hat. Durch die Zunahme von Cl-Operationen besuchen immer mehr gehörlose Kinder Regelschulen (’normale‘ Schulen). Darum entschloss sich die Grazer Schule zu einem vermehrten Angebot in LBG/DGS. Mittels Video-Vorführung zeigte Tischmann, wie stark die Motivation der Kinder ist. Eine lebhafte Diskussion schloss sich an.
Der Galaabend
Pünktlich um 20 Uhr am Samstag gab Ulrich Hase das Startzeichen zur feierlichen Abschlussveranstaltung. Er dankte allen, die zu dem großartigen Erfolg dieser Kulturtage beigetragen haben. Moderator des Abends war der bekannte Gunter Puttrich-Reignard, der diesmal Marilyn Monroe kopierte. Hase bekam von seinen Mitarbeitern als Dank einen großen Strauß roter Rosen. Er wollte aber nicht allein beschenkt werden und rief besonders verdienstvolle Mitorganisatoren einzeln auf die Bühne und verteilte an jeden eine rote Rose. Eine tolle Lasershow mit bunten Farbkompositionen riss alle in ihren Bann.
Die Kulturpreisträger
Bei Video-Ausschnitten aus früheren „Sehen-statt-Hören“-Sendungen wurde dann allen klar, wer diesmal den von Robert Bisl geschaffenen Kulturpreis entgegennehmen konnte: David Bloch, ein in den USA lebender gehörloser Künstler. Die zahlreichen von seiner Leidenszeit im Konzentrationslager erzählenden Bilder und Dokumentationen des heute 85jährigen dürften allen bekannt sein. Ulrich Hase geleitete den völlig überraschten Künstler zur Bühne, wo Vizepräsidentin Gerlinde Gerkens schon mit dem Preis wartete. Es gab stehende Ovationen für David Bloch.
Der zweite Kulturpreis wurde Siegmund Prillwitz, Professor am Institut für Deutsche Gebärdensprache der Universität Hamburg, und seinen Mitarbeitern Alexander von Meyenn, Heiko Zienert, Wolfgang Schmidt sowie Regina Leven und Bernd Rehling zuerkannt. Sie alle haben mit der Gebärdensprachforschung vor vielen Jahren begonnen. Die jetzt noch im Institut tätigen sowie die ehemaligen Mitarbeiter nahmen stellvertretend für den an diesem Abend verhinderten Siegmund Prillwitz unter starkem Applaus den Kulturpreis entgegen.
Den dritten Preis bekam Caroline Link, Regisseurin und Drehbuch-Autorin des Kinofilms „Jenseits der Stille“. Wie Hase betonte, verhalf dieser Film der Deutschen Gebärdensprache zu einer ungeheuren Popularität und weckte breites Interesse an der Sprache der Gehörlosen. Dafür wurde Caroline Link mit dem Sonderpreis für Kultur belohnt und vom Publikum stark gefeiert.
Höchste Auszeichnung für den Präsidenten
Gerlinde Gerkens bat dann Ulrich Hase nochmals auf die Bühne und überreichte ihm für seine besonderen Verdienste die höchste Auszeichnung des DGB, die „Karl-Wacker-Plakette“. Der sichtlich gerührte DGB-Präsident nahm die Auszeichnung unter großem Beifall entgegen.
In seiner achtjährigen Amtszeit hat er viele Impulse für eine moderne Verbandsarbeit gegeben und den DGB ‚umgekrempelt‘. Der beste Beweis sind die Kulturtage!
Spaß und Tanz zum Ausklang
Eine rassige brasilianische Samba-Band verstand es, mit tollen Tänzen in bunten, gewagten Kostümen und mitreißender Musik die Zuschauer zum Mitmachen aufzufordern und so die Stimmung immer mehr anzuheizen. Zwischendurch wurde ‚freie Bahn‘ für den Sturm auf das reichhaltige Buffet gegeben. Anschließend nahm Hubert Wilhelm, Präsident des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes, die Siegerehrung des internationalen Basketball- und Schachturniers vor. Noch einmal erlebten die Zuschauer eine Fabelwelt per Laser mit aufregenden Lichtspielen, wobei sogar Gebärden eingeblendet waren.
Danach gehörte das Parkett der Jugend, die ausgelassen tanzte und unter Anleitung gemeinsame Gebärdenlieder produzierte. Die Nacht wollte kein Ende nehmen. Aber schließlich mussten alle doch Abschied nehmen mit dem Bewusstsein, wunderbare Tage der Gemeinschaft erlebt und wieder Zeichen gesetzt zu haben. Die Vorfreude auf die nächsten Kulturtage im Jahre 2001 – die Mehrheit wünscht in München – wurde mit nach Hause genommen.